Forscher des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik an der TU Dresden haben gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie im Rahmen des FOREL-Technologieprojektes SamPa eine innovative Fahrzeug-Seitentür entwickelt. Sie demonstriert die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Partikelschäumen im Verbundsystem. Im Projekt wurde eine neue Prozesskette zur kombinierten Verarbeitung von Kunststoffen im Partikelschäumen und Spritzgießen entwickelt und umgesetzt.
Die großen Einsatzpotentiale, die sich aus den guten thermischen Eigenschaften und dem hohen Energieaufnahmevermögen ergeben, werden insbesondere im Bausektor und der Verpackungsindustrie genutzt. In den letzten Jahren zeigt sich darüber hinaus ein Trend hin zu weiteren Anwendungsfeldern, die vom Sport- und Freizeitbereich bis hin zum Automobil- und Flugzeugbau reichen. Gerade für die hohen Anforderungen in derartigen Branchen ist jedoch eine umfassende Kenntnis der Prozess-Struktur-Eigenschafts-Beziehungen erforderlich. In diesem Zusammenhang widmeten sich die Projektpartner verschiedenen Forschungsschwerpunkten von der Werkstoffcharakterisierung der durchgängigen Prozess- und Struktursimulation, der Prozessführung über den Werkzeugbau und die Qualitätssicherung bis hin zur werkstoffgerechten Fügetechnik.
Die Entwickler des SamPa-Konsortiums haben dazu expandiertes Polypropylen (EPP) mittels vielfältiger Analysemethoden ausführlich charakterisiert. Dabei wurde etwa unter Verwendung der Computertomographie die Schaumzellstruktur umfangreich analysiert und in der Struktursimulation in Form von repräsentativen Volumenelementen abgebildet. Auf diese Weise konnte eine einzigartige virtuelle Prüfmethode entwickelt werden, die es erlaubt, dichteabhängige, mechanische Materialkennwerte simulativ zu ermitteln.

Darüber hinaus konnten die Forscher eine neuartige Berechnungsmethodik erfolgreich erproben. Diese ermöglicht den Formfüllvorgang des Partikelschäumens nachzubilden. Dadurch ist es zukünftig möglich, die Positionen zur Befüllung der Kavität zu optimieren, um die Qualität der Bauteile und die Reproduzierbarkeit des Prozesses zu erhöhen.
Anhand von insgesamt sieben Formwerkzeugen für die Verarbeitung im Partikelschäumen und Spritzgießen setzten die Werkzeugbauer neuartige Konzepte zur Funktionalisierung von Partikelschäumen erfolgreich um. Dazu wurden unter anderem neue Laserstrukturierungen der Werkzeugoberfläche entwickelt, die dazu beitragen, die Kratzfestigkeit des Partikelschaums zu erhöhen. Dazu bedarf es neben einer prozessangepassten Temperierung des Spritzgießwerkzeugs einer speziell angepassten Prozessführung, um eine gute Verbindung zwischen Partikelschaum und Spritzgießmasse zu realisieren.
Um das Prozessverständnis zu verbessern wurden Methoden für die Qualitätssicherung erarbeitet und umgesetzt, die u.a. den Partikeltransport beim Formfüllen überwachen und etwaige Prozessschwankungen frühzeitig detektieren können.
Tür-Konzepte für die Mobilität der Zukunft
Die Ergebnisse des Vorhabens werden im Technologiedemonstrator, einer Fahrzeug-Seitentür (siehe Abbildung oben) präsentiert. Dieses mehrteilig ausgeführte Konzept einer Türverkleidung demonstriert die enorme Funktionalisierbarkeit von Partikelschaum. Zur Montage der Komponenten sind an die Belastung angepasste Inserts in die Schaumkomponenten eingeschäumt worden. Dabei handelt es sich sowohl um Kunststoffinserts zur Montage als auch um metallische Inserts, die eine werkstoffgerechte Lastaufnahme vom Griff direkt in den Türquerträger ermöglichen. Dieser ist hier in Form einer bionisch inspirierten und einschäumbaren Aluminium-Tragstruktur umgesetzt worden, die es unter Maximierung des Leichtbaugrades erlaubt, die Lasten an die Fahrzeugkarosserie abzuleiten. Darüber hinaus wird die Flexibilität hinsichtlich der Integration von elektronischen Elementen in Partikelschaumstrukturen aufgezeigt. So finden Display, Mini-PC, Beleuchtung und Kabel ausreichend Platz im EPP-Grundkörper der Tür. Auch die großflächige Überflutung mittels Polyurethan konnte an einem Konzept für die Tür-Außenseite erfolgreich umgesetzt werden.
Das Potential von Partikelschaum im Verbundsystem wird auf dem FOREL-Kolloquium am 28. und 29. August 2019 in Dresden öffentlich präsentiert.
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie mit Mitteln aus dem Energie- und Klimafonds gefördert und vom Projektträger Karlsruhe betreut.
Für fachliche Rückfragen kontaktieren Sie die Professur für Leichtbaudesign und Strukturbewertung an der Technischen Universität Dresden.
Anmerkung der Redaktion: Am 28. Juni 2019 präsentiert das ILK gemeinsam mit einem Netzwerk von Unternehmen und Forschungspartnern die Ostsächsische Kompetenzschau Leichtbau auf dem Leichtbau-Campus in Dresden-Johannstadt. Neueste Forschungsprojekte werden vorgestellt, einzigartige Exponate sollen die Besucher begeistern. Mit dieser Leistungsschau wollen die Forschenden gezielt Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen und das Leichtbau-Netzwerk noch dichter „weben“. Besonders am Herzen liegt den Leichtbau-Experten der Austausch mit den sächsischen KMU.
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