Autoren: Dipl.-Forstwirtin Sandra Liebal, FR Forstwissenschaften, Professur Forstpolitik und forstliche Ressourcenökonomie und Diana Uhlmann, Bereich Bau und Umwelt
Die extrem schnell wachsende Baumart Pappel ist der Holzrohstoff, aus dem in der Zukunft noch leichtere Möbel gebaut werden sollen. Baumteile wie die Rinde, die für die Möbelproduktion nicht verwendet werden, können im Sinne einer nachhaltigen Bioökonomie von Unternehmen aus der Region zu neuartigen Produkten weiterverarbeitet werden.
Das Projekt Dendromasse4Europe verfolgt das Ziel, fossile Materialien durch innovative bio-basierte Materialien zu ersetzen. Prof. Dr. Norbert Weber, Inhaber der Professur für Forstpolitik und Forstliche Ressourcenökonomie an der TU Dresden und sein Team begleiten die im Westen der Slowakei angelegten Kurz-Umtriebsplantagen mit Pappeln seit 2017.
Offensichtlich ist die Pappel eine Baumart, die auch mit extremen Wetterlagen gut auskommt. Noch im Mai dieses Jahres waren die Setzlinge etwa einen Meter hoch und dünn wie ein Wanderstock. Inzwischen sind die Pappeln auf diesem Versuchsfeld vier Meter hoch und weisen einen Duchmesser von bis zu zehn Zentimetern auf. Damit hatte das Forscherteam um Prof. Weber angesichts von Trockenheit und Hitze nicht gerechnet: „Phänologische Untersuchungen zum Blattaustrieb zeigen, dass die Pappel eine Baumart ist, die auch mit extremen Wetterlagen gut zurechtkommt. In kurzer Zeit entwickelt die Pappel ein ausgeprägtes Wurzelsystem, über das die Nährstoffe in die Blätter und in den Stamm gelangen. So wächst die Pappel schneller als andere Baumarten“, erläutert Professor Weber.
Auf der Basis der genetischen Analyse des Pflanzmaterials wurden die genetischen Variationen der Pappeln bestimmt, die trotz nährstoffarmer Bedingungen wachsen und dabei mit wenig Wasser auskommen. Dazu wurde in Gewächshausversuchen untersucht, wie gut sich die Wurzelsysteme und Stämme entwickeln und wie viele Blätter die Pappeln bekommen. Die für die Boden- und Witterungsbedingungen in der Slowakei geeignetesten Pappelvariationen werden auf den Plantagen gepflanzt.
Über einen starken positiven Effekt der Pappelplantagen auf die Umwelt freuen sich die Tharandter Wissenschaftler besonders. Langfristig lässt sich mit der Pappel die Bodenqualität verbessern, da sie Giftstoffe aus dem Boden filtert. Im Rahmen von Bodensanierungsvorhaben ließen sich zudem ausgelaugte Böden wieder für die Landwirtschaft nutzbar machen. „Auf dem Hang gegenüber, wo das Getreide bereits abgeerntet worden ist, sahen wir deutliche Erosionsrillen. Mit unseren Plantagen können wir die Bodenerosion deutlich vermindern und wichtige Nährstoffe auf der Fläche behalten, denn die Plantagen wachsen über mehrere Jahre lang.“, erläutert Dipl.-Forstwirtin Sandra Liebal.
Auch die Ansiedlung verschiedener Insekten- und Schmetterlingsarten erhöhte sich erheblich in den Anbauflächen, da sich unter den jungen Bäumen auch blühende Pflanzen ausbreiten. Das „Unkraut“ zu Füßen der Pappeln bietet einen wichtigen Lebensraum für Bodenorganismen. Der Projektpartner Daphne, ein slowakisches Institut für angewandte Ökologie, betreibt dazu das Monitoring und entdeckte Schmetterlingsarten, die seit Jahren nicht mehr beobachtet wurden.
Ziel: Vollständige Verwertung der Pappel
Zusammen mit weiteren Projektpartnern wird die Wertschöpfungskette nun im Sinne einer nachhaltigen Bioökonomie detailliert abgestimmt, denn es ist erklärtes Ziel, die Bestandteile der Pappeln vollständig zu verwerten.
Die früher als energetische Biomasse angesehene Rinde lässt sich zu haltbaren und pflegearmen Holz-Plastik-Verbundwerkstoffen, etwa für Zäune und Terrassendielungen, verarbeiten. Aus der Pappelrinde können außerdem pilzhemmende Stoffe extrahiert und für schimmelresistente Verpackungen aus Pappe genutzt werden. Damit ließe sich die Verwendung von Styropor als Verpackungsmaterial deutlich reduzieren. Das kommt bisher vor allem beim Verschiffen von Gütern zum Einsatz, da herkömmliche Pappkartons schimmeln. Mit dem Ersatz von Styropor durch schimmelresistente Verpackungen aus Pappe verfolgt das Projektteam das Ziel, fossile Materialien durch innovative bio-basierte Materialien zu ersetzen. Die Kombination mehrerer Wertschöpfungsketten auf der Basis von Pappelholz und Pappelrinde stellt somit einen wichtigen Schritt in Richtung einer Bioökonomie dar, die diesen Namen auch verdient.
Bildtext: Auf der im Mai 2018 angelegten Plantage begutachtet der technische Manager Dr. Matthias Meyer die Entwicklung der Pappel-Stecklinge und markiert wie hoch die Stecklinge bei der Pflanzung im Mai waren. Foto: TUD/Sandra Liebal
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